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Dormagen. Ein Dormagener Gymnasium hat die Zusammenarbeit mit einem Brötchen-Lieferanten gekündigt - der Grund: Schüler warfen dem Bäcker Rassismus und Hetze gegen Flüchtlinge vor. Im Interview äußern sich die Gymnasiasten jetzt zu der Aktion. Von Klaus D. Schumilas
Die Schüler des Leibniz-Gymnasiums in Hackenbroich wollten Stellung beziehen. Sie warfen dem Geschäftsführer der Bäckerei, Werner Meuser, "hetzerische Aussagen gegenüber Flüchtlingen" vor. Die Schule suchte sich in der Folge einen neuen Brötchen-Lieferanten - ein Vorgang, der für heftige Diskussionen sorgte.
Unsere Redaktion hat am Tag danach mit den Schülersprechern Sara Felsberg, Max Neuen und Constantin Kollenbroich sowie den SV-Lehrern Amelie Mentzen und Bernhard Große-Schware gesprochen.
Ihre Ankündigung, wegen hetzerischer Aussagen die Geschäftsbeziehung zur Bäckerei Meuser abzubrechen, schlägt hohe Wellen. Sind Sie überrascht?
Sara Felsberg Und wie! Damit haben wir überhaupt nicht gerechnet, das war ja auch nicht unsere Absicht.
Wie sind die Reaktionen in Ihrem Umfeld?
Constantin Kollenbroich Meine Familie hat heute Morgen mit mir gesprochen. Sie findet das gut, dass wir so reagieren und unterstützt mich.
Felsberg Die Rückmeldungen, die ich bislang erhalten habe, waren zustimmend. Zwei sagten: Gut, dass wir die Brötchen-Lieferung kündigen. Kein Wunder, denn es war ja auch ein einhelliger Beschluss der Schülervertretung, so vorzugehen.
Unter den Reaktionen im Internet gibt es viele Hass-Kommentare. Macht Ihnen das Angst?
Max Neuen Das haben wir bislang noch gar nicht richtig mitbekommen. Aber sicherlich lassen wir uns davon nicht beeindrucken.
Amelie Mentzen Man muss auch sehen, dass dieser Antrag aus der Schülerschaft gekommen ist, ohne Wissen oder Zutun von Lehrern oder Schulleitung.
Bernhard Große-Schware Als SV-Lehrer versuchen wir die Schüler vor solchen Hass-Kommentaren zu schützen. Wir bestärken sie darin, dass es richtig ist, zur eigenen Meinung zu stehen.
Haben Sie im Vorfeld über mögliche wirtschaftliche Folgen für die Bäckerei diskutiert?
Kollenbroich Nein. Das war auch nicht die Zielrichtung unseres Vorgehens.
Das Leibniz-Gymnasium trägt seit 2013 den Titel "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage". Was bedeutet das im Schulalltag?
Felsberg Wir Schüler wenden uns damit gegen jede Form von Diskriminierung. Wenn das festgestellt wird, ist jeder Schüler aufgerufen, aktiv dagegen vorzugehen. Das betrifft natürlich auch den Umgang der Schüler untereinander.
Mentzen Wir haben intern leider auch einen Fall von Hass-Kommentaren gegen einen Lehrerkollegen, der sich ehrenamtlich hier im Café Grenzenlos im Bürgerzentrum des Ortes für Flüchtlinge einsetzt.
Wie wird dieser Titel aktiv gelebt?
Kollenbroich Es gibt in jedem Schuljahr eine Reihe von Projekten und Initiativen dazu. Im vergangenen Jahr stand unser Band-Festival unter dem Motto "Bunt statt braun"…
Große-Schware …wir haben regelmäßig Projektwochen oder -tage zum Thema Rassismus. Da das Leibniz-Gymnasium eine Schule mit vielen Schülern mit Migrationshintergrund ist, ist dieses Thema ein Dauer-Prozess, damit es im Alltag funktioniert.
Felsberg Aus der Schülerschaft heraus wurde eine Flüchtlings-AG gegründet, in der vor allem jüngere Schüler engagiert sind.
Neuen Bei der Caritas wurden Fahrräder repariert, die dann Flüchtlingen zur Verfügung gestellt wurden oder es wurden warme Jacken gesammelt, die dann nach Calais bzw. in Grenzregionen gebracht wurden.
Mentzen Viele Schüler helfen im Café Grenzenlos mit, geben seit Monaten dort Sprachunterricht für Kinder und für Erwachsene. |
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